Eine unvergessliche Woche – trotz aller Anstrengungen, die man auf sich nahm. Sechs Tage, anfangs mit Regen, dann bei sommerlicher Hitze und bepackt mit einem schwerem Rucksack. Eine Alpenüberquerung ist eine Herausforderung mit vielen Unbekannten. Das Team, bestehend aus Lenz Reiterer, Hans Joachimbauer, Nicky Heinig, Adi Freilinger, Franz Kain und Sigi Baumgartner hatte sich intensiv auf den TRANSALP 2012 vorbereitet. Die ursprünglich auf 8 Tage geplante Tour musste wegen anfänglichem Dauerregen um zwei Etappen verkürzt werden. Plan „B“ mit dem Startpunkt im Zillertal kam zur Anwendung, was für die Spannung und den Erlebnisfaktor aber kein Nachteil war.
1. Tag: Am Vorabend waren wir per PKW nach Hochstegen/Zillertal angereist. Nach einer erholsamen Nacht brach man um 8:30 Uhr Richtung Schlegeisspeicher auf. Regen und Kälte machte uns den Start nicht gerade leicht. Auf den ersten 1600 Höhenmetern wussten wir nicht, werden die Klamotten vom eigenen Schweiß oder vom unaufhörlichen Dauerregen nass. Über den Schlegeisspeicher, durch den wildromantischen Zamsergrund kamen wir nach 5 Stunden auf dem Pfitscherjoch (2220m) an. Das atemberaubende Panorama der Südtiroler Berge belohnte uns für die mühsame Auffahrt. Das Wetter wurde besser. Nach einem flotten Downhill auf Schotter- und Kieswegen durchs Pfitschertal nach Sterzing, dann entlang der Eisack erreichten wir gegen 18 Uhr unser Ziel in Brixen. Der erste Tag war geschafft: 101 km, 2140 Höhenmeter.
2. Tag: Sonne und wolkenloser Himmel, so verabschiedete uns Brixen. Zuerst zehn Kilometer bergwärts zur Talstation der Plose-Seilbahn radeln, dort per Gondel rauf auf 2050 m. Auf dem Dolomiten-Panoramaweg querten wir die Propinwiesen und bestaunten die mächtigen Spitzen der Aferer Geisler und des Peitlerkofels. Auf anspruchsvollen Pfaden und Trails runter ins Hinterlüsener Tal wurde unsere Fahrtechnik gefordert. Aber der nächste Anstieg wartete schon wieder; das Würzjoch (1990m) kostete viele Schweißtropfen. Hoch über dem Gadertal erreichten wir auf einer kurvigen Höhenstraße am frühen Nachmittag das Dorf Welschellen. Talwärts nach Zwischenwasser wurden wieder 900 hm „vernichtet“. Hinter St. Vigil konnte man auf gut ausgebauten Schotter- und Waldwegen die schroffen Felswände des Rautales bewundern. Ab dem Talschluß Pederü (1550m) war dann „Schluss mit lustig“. Auf einer Militärstrasse des 1. Weltkrieges ging es auf grobem Schotter rauf zur Fanesalm. Sechs Kilometer mit 500 hm Anstieg forderten alle Kraftreserven. Oben auf 2050 m Höhe angekommen bezogen wir Quartier in der Lavarellahütte. Stolz auf die heutige Leistung (64 km, 2160 hm) genossen wir auf der Fanesalm den traumhaften Sonnenuntergang.
3. Tag: Hüttenfrühstück, gestärkt und vollbepackt ging’s um 8 Uhr los. Wieder war die Sonne unsere Begleiterin. Der beinharte Anstieg rauf zum Limojoch (2190 m) zwang uns zum Schieben. Der Weg Nr. 11 durch das Hochfanestal führte uns vorbei an bizarren Bergformationen. Am Col de Locia angekommen genossen wir die herrliche Sicht zum Sellastock und zur Marmolada. Nach 500 hm Abstieg, Fahren wäre hier lebensgefährlich gewesen, erreichten wir St. Kassian. Eine kurze Rast - nochmals Kräfte sammeln – dann eine schwere Auffahrt zur Pralongia: 550 hm auf 6,5 km mit steilen Rampen, teilweise bis zu 20% Steigung. Oben angekommen, genossen wir das einmalige Dolomitenpanorama: Eine 360-Grad-Rundsicht, inmitten einer der schönsten Berglandschaften der Alpen. Nach einer flotten Abfahrt kamen wir in Corvara an. Über die Pass-Strasse mussten wir nochmals 550 hm zum Grödnerjoch auf 2140m hochkurbeln. Auf dem alten Karrenweg 654 erreichten wir gegen 16 Uhr erschöpft aber unbeschadet unser Quartier in Wolkenstein. Im Garni Astrid wurden wir von der Wirtin Tania wie immer herzlich empfangen. Unsere Tagesleistung heute: 45 km, 1450 hm.
4. Tag: Nachdem wir zwei Nächte in Wolkenstein gebucht hatten, war heute nur leichtes Tagesgepäck nötig. Je nach Lust und Laune wurde der Tag individuell gestaltet: Lange oder kurze Tour, und Erholung war angesagt. Eine Route führte hinauf zur Zallingerhütte, übers Mahlknechtjoch (2165 m) ging’s durchs Durontal hinunter nach Campitello. Die Auffahrt zum Sellajoch (2210m), weiter durch die „Steinerne Stadt“ zurück nach Wolkenstein beschloss die Rundtour um den Lang- und Plattkofel: insgesamt 50 km und 1760 hm. Der Rest der Truppe wählte als kürzere Variante die Route über St.Christina, hinauf durchs Jendertal zur Seiseralm, dort weiter zur Zallingerhütte. Zurück über Monte Pana traf man sich nachmittags wieder in Wolkenstein (27 km, 900 hm). Bei Pizza und Rotwein wurde der Abend in der Pizzeria „La Bulla“ gesellig genossen. Die „Körper-Akkus“ waren wieder gefüllt und mit Spannung wurden die kommenden Tage erwartet.
5. Tag: Kurz nach 8 Uhr nahm man Abschied von Wolkenstein. Nach der deftigen Auffahrt durchs Jendertal erreichten wir Kompatsch (1840m), das Touristenzentrum auf der Seiseralm. Eine kurze Kaffeepause, dann ging’s wieder talwärts runter nach Seis (1030m) am Fuße der Santner Spitze. Schmale Wanderwege und herrliche Trails führten uns bis zum Völser Weiher, direkt unterhalb des Schlern. Über Ums und Schnaggenkreuz Richtung St. Zyprian setzten wir unsere Tour fort. Ab hier wartete wieder ein „hartes Stück Arbeit“: Der Nigerpaß, auf 7 km mussten 600hm erradelt werden. Hört sich nicht so schlimm an, aber Steigungen von 18% kosteten viel Schweiß und Kraft. Oben angekommen, war ein kühles Forst-Bier eine herrliche Abkühlung. Das letzte Stück bis zum Karerpaß (1720m) wurde bei flottem Tempo zurückgelegt. Unsere Bleibe für die kommende Nacht, das Castel Latemar. Das heutige Tagespensum: 65 km, 1950 hm.
6. Tag: Nach einem Abstecher zum Karersee radelten wir auf dem Templweg 8 am Fuße des Latemar bis nach Obereggen (1570m). Bergwärts zum Epircher Laner (1830m) überquerten wir gegen Mittag das Reiterjoch auf 2000 m. Nach einer Einkehr in der Zischgalm ging es flott wieder 700 hm talwärts nach Stava. Auf einem herrlichen Höhenweg genossen wir bis Cavalese (1050m) den Blick ins Fleimstal. Unten angekommen wurden nochmals alle Fahrtechniken bei der Auffahrt nach San Lugano (1300m) gefordert. Der Untergrund war teils sehr grobschottrig oder ausgespült und zwang uns immer wieder zum Absteigen und Schieben. Das Schlußstück ab Kaltenbrunn auf der alten jetzt als Radweg gut ausgebauten Fleimstal-Bahntrasse runter nach Montan machte noch mal so richtig Spaß. Auf der Serpentinenstraße ins Etschtal genossen wir die herrliche Sicht hinunter ins Traminer Weinland und zum Kalterer See. Am Zielort Auer angekommen bezogen wir Quartier im Hotel Amadeus. Im Swimmingpool konnten wir uns nach einer Woche „Bergauf und Bergab“ wieder mal richtig entspannen und relaxen – „Wir hatten uns das verdient!“. Die Schlußetappe: 58 km und 950 Höhenmeter.
Erleichtert, froh und stolz auf die eigene Leistung wurde abends das „Finishing“ bei einer urigen Brotzeit und einigen Gläsern Rotwein gefeiert. Die Alpen allein nur mit Muskelkraft überquert zu haben, das gemeinsame Kämpfen, sowie das Gefühl der Zusammengehörigkeit, bleiben ein einmaliges und nicht zu übertreffendes Erlebnis.
Tags darauf, am Samstag, wurden wir von Franz Langbauer mit Nicky’s VW-Bus wieder wohlbehalten in unsere niederbayerische Heimat zurückgebracht.
Gesamttour: 383 km, 10.410 Höhenmeter, 31 Stunden im Sattel
Impressionen von weiteren Radtouren der letzten Jahre: